Die Liberale Hochschulgruppe kritisiert das Vorgehen der Universität Jena im Bezug auf die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit und den damit einhergehenden Ausdruck des Misstrauens gegenüber ihren Studierenden und den Ärzten im Allgemeinen.

Darum geht es:

Bei einer Arbeitsunfähigkeit wird der Arbeitgeber nicht darüber informiert, woran der Arbeitnehmer genau leidet. Gut so finden wir, das geht ihn auch nichts an!
Bei Studierenden, die sich für eine Prüfung krank melden sieht das jedoch ganz anders aus.

Kürzlich verschickte das Präsidium der Universität Jena eine E-Mail an die Studierenden, welche sie auf ein neues Musterformular zur Feststellung der Prüfungsunfähigkeit aufmerksam machen sollte. In der E-Mail wurde unter anderem auch darauf hingewiesen, dass die bloße ärztliche Bescheinigung einer Krankheit nicht ausreicht, um sich für eine Prüfung krankzumelden. Vielmehr verlangt das Prüfungsamt alle notwendigen Informationen, die zur Feststellung der Prüfungsunfähigkeit nötig sind. Ob diese vorliegt entscheidet nämlich nicht der Arzt oder die Ärztin, sondern das Prüfungsamt.

Ein ärztliches Attest würde nunmehr nur noch dann akzeptiert, wenn es „ein Mindestmaß an Angaben zu bestehenden Symptomen/Leistungseinschränkungen enthält oder die ärztliche Einschätzung der Prüfungsunfähigkeit einen erkennbaren Bezug zur konkreten Prüfungsart (…) aufweist“ .
Ohne diese Informationen wäre das Prüfungsamt verpflichtet weitere ärztliche Angaben zu fordern, was auch das Risiko beinhalte, dass der Antrag auf Prüfungsrücktritt abgelehnt werde.

Tatsächlich ist dieses Vorgehen nichts neues. Schon seit Jahren wird von Studierenden in ganz Deutschland bemängelt, dass man solch eine detaillierte Auskunft gegenüber dem Prüfungsamt geben muss. An manchen Hochschulen wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der behandelnde Arzt gegenüber der Universität von der Schweigepflicht zu entbinden ist.

Rechtlich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Arbeitsunfähigkeit und Prüfungsunfähigkeit sind zwei verschiedene Dinge. Bei letzterer geht es auch um Fragen der Chancengleichheit zwischen den Studierenden und der Verhinderung eines Missbrauch des Prüfungsrücktritts unter eben jenen Gesichtspunkten.

Trotzdem finden wir dieses Vorgehen falsch. Zum einen werden hier Ärztinnen und Ärzte, sowie die Studierenden selbst unter Generalverdacht gestellt sich leichtfertig krankzumelden bzw. wahllos Studierende krankzuschreiben. Wobei man sollte meinen, dass es ausreicht, wenn medizinisches Fachpersonal ausdrücklich feststellt, dass eine Person ihrer Einschätzung nach von der Prüfung zu befreien ist. Zum anderen aber greift dieses Vorgehen tief in die Privatsphäre der Studierenden ein. Auch wenn die Informationen von den Prüfungsämtern sicherlich mit größter Sorgfalt behandelt werden und nur die an der Entscheidung über die Prüfungsfähigkeit beteiligten Personen diese sensiblen Daten überhaupt zu Gesicht bekommen, kann es Studierenden nicht zugemutet werden, dass sie beispielsweise Angaben zu psychischen Erkrankungen oder schweren bzw. die Intimsphäre berührende Krankheiten ihrem Prüfungsamt gegenüber offenlegen.

Wir sind der Meinung: auch in Prüfungsangelegenheiten muss die Privatsphäre der Studierenden geschützt werden, denn ein krankheitsbedingter Prüfungsrücktritt ist Privatsache!

Eure LHG Jena